Es geht wieder los. Kurz nach Weihnachten starten wir unseren nächsten Transport gen Osten. Im Rücken sitzen uns jede Menge Geschenkpakete, der Aktion strahlende Augen sowie Kleiderkisten, Krankenbetten und Baumaterial die wir über teils verstopfte teils verschneite Autobahnen transportieren. Als einziger Lkw kommen wir durch die Berge nach dem Chiemsee, alle anderen stecken fest. Es geht schleppend voran doch mit der nötigen Geduld erreichen wir dann am frühen Morgen des 30. Dezembers die Ungarisch- Ukrainische Grenze. Mal schauen wie es dieses Mal läuft. Diesmal probiert Dominik das erste Mal den Zoll selbst zu machen. Von nun an befindet sich nur ein Gedanke in seinem Kopf: „ Dominik vergiss ja nicht den Zettel!“. Ein kleiner Papierfetzen entscheidet über dein Weiterkommen in diesem Spiel. Das Ziel des Spiels? Hol dir alle Stempel ab sonst hast du verloren. So gilt es immer wieder, Vorfahren, Papiere mitnehmen, Zollbeamten abgeben, Kontrollieren ob alles da und abgestempelt ist, zurück und wieder das gleiche von vorne. Doch wir haben einen guten Tag erwischt. Es ist wegen Silvester fast nichts los und Slawik, der Leiter des Jugendhauses in Ushgorod erleichtert die Zollmodalitäten enorm. In mir kommt der Gedanke wieder auf, ob ich nicht doch ein paar Buchstaben kyrillisch lernen sollte. So schwer ist´s ja auch nicht.

Doch keine Zeit, weiter geht’s zum Zollhof über eine kraterübersäte Zufahrt. Wieder beginnt die gewohnte Rutine mit Wiegen, Vorfahren,  Papiere abgeben und warten. Doch wie sagt ein altes deutsches Sprichwort: „ Geduld in allen Dingen führt sicher zum Gelingen“. Und Tatsache, es ist kurz vor Mittag und wir treffen mit samt dem Lkw beim Jugendhaus ein. Die Jungs freuen sich schon riesig auf das Ausladen und packen kräftig mit an. Mit teils gewagten Stapeltechniken leeren sich die Container im nu. Leider muss die Ladung Hilfsgüter im Lager noch verplombt werden, so können wir sie nicht direkt verteilen. Zurzeit wird es wieder deutlich schwieriger, Hilfsgüter in die Ukraine zu bringen. Nach getaner Arbeit genießen wir am Nachmittag das leckere Mittagessen.

Einfach ein schönes Gefühl im Jugendhaus anzukommen. Ich freu mich schon auf das nächste Mal wenn wir ihnen wieder Hilfsgüter bringen. Wir reden noch ein wenig mit Slawik über so manche Situation mit den Jungs, tauschen Neuigkeiten aus und schauen welche Dinge es noch zu organisieren gilt. Es war ein langer aufregender Tag und wir verabschieden uns spät abends von Slavik und danken ihm für die gute Versorgung und wünschen eine gute Nacht, denn wir brechen wieder auf. Nein, nicht nach Hause. Wir brechen auf, den obersten Stock des Jugendhauses zu erreichen, denn dort nächtigen wir. Dieser Einsatz beginnt erst noch.

Es ist Silvester und im Jugendhaus wuselt alles auf und ab um für den bevorstehenden Ansturm aus Deutschland vorbereitet zu sein Mit uns werden 19 junge Leute aus Deutschland kommen, um für eine Woche in der Ukraine Hilfseinsätze durchzuführen. Tische werden gedeckt, Essen gekocht, Zimmer hergerichtet und und und. Es sieht klasse aus. Und dann ist es auch schon so weit. „Zwitscher, zwitscher“, Julians Handy spuckt eine Nachricht aus. „Noch 20km bis zur Grenze“. Wieder ein zwitschern: „ Noch 10km“. Wir stehen vor einer menschenleeren Grenze – kaum ein Auto, keine Lkw´s, alles leer im Gegensatz zu sonst. Wir warten auf die Gruppe die gerade die Grenzposten überquert. Es läuft einfach super, alle kommen gut durch und nach herzlichen Begrüßungen geht’s ab zum Jugendhaus. Schnell das Gepäck auf die Zimmer gebracht und dann los zum gemeinsamen Abendessen. Bei leckeren Krautwickeln wird über die Fahrt klamaukt und Späße erzählt. Ein wirklich gesegneter Abend, doch lange noch nicht zu Ende. Das Feuerwerk steht noch aus. Gemeinsam mit den Jungs aus dem Jugendhaus laufen wir ins Stadtzentrum von Uschgorod und schauen uns von der Brücke über den Usch das Spektakel an. Die Jungs vom Jugendhaus sind auch dabei und haben ihren großen Spaß mit uns. Bei Feinem Gebäck und ukrainischen Leckereinen geht dann dieser Silvester Abend langsam dem Ende zu und wir fallen alle Todmüde in unsere Betten im Jugendhaus.

Einsatzbesprechung! Nach einem entspannten Start in den Tag mit ausführlicher Stadtbesichtigung und vielen Eindrücken, geht’s es jetzt um die bevorstehenden Einsätze. In der Gruppe werden Aufgaben verteilt, Das Abendprogramm für die Jungs im Jugendhaus nochmal durchgesprochen und die täglichen Aufgaben abgeklärt. Die Gruppe ist motiviert und mit Feuereifer bei jeder Aufgabe tatkräftig am Mitanpacken. So packen wir als nächstes Lebensmittelpakete für armen und kinderreiche Familien. Jedes Paket erhält rund 10kg Grundnahrungsmittel, die Slawik dank einer großzügigen Spende schon im Voraus kaufen konnte.

Geschenkpakete der Aktion „Strahlende Augen“ werden in die Autos geladen und dann geht es auch schon los zu den ersten Einsätzen. So treffen wir alte Bekannte vom letzten Sommereinsatz in einem Rathaus versammelt. Waisenkinder, die auf unserem Camp im Sommer waren, aber auch viele andere Kinder. Freudig warten sie auf unser kommen. Wir singen miteinander und erzählen ihnen eine Geschichte von Jesus und wie er sie liebt bevor sie von uns ihre Geschenkpakete überreicht bekommen. Die Freude ist riesig und der Stapel voll Paketen leert sich schnell. „ Die sind so knuffig“ hören wir jemanden tuscheln und ja, es ist doch etwas Besonderes zu sehen wie ein Kind seine Freude über die gesamte Gesichtsbreite zum Vorschein kommen lässt. Während sich die einen Kinder riesig über das Geschenk freuen, können andere es gar nicht fassen, dass sie solch ein Geschenk bekommen.

Wir verabschieden uns und fahren weiter zu Familien die es sich zur Aufgabe gemacht haben Waisenkinder mit in die eigene Familie aufzunehmen und ihnen eine Zukunft zu geben. Wir lernen harte Schicksale kennen und so manche schwierige Situation in den Leben jeder Familie und dennoch geben sie ihre Entscheidung nicht auf und sind unglaublich dankbar für die Lebensmittelpakete die wir überreichen. Jeder geht heute mit etwas klareren Augen zu Bett. Doch zuvor gibt es noch den täglichen Highlight-abend. Wir haben uns für die Jungs des Jugendhauses ein besonderes Programm überlegt. Jeden Abend erzählte Jenny den Buben was es bedeutet ein Mann zu sein und wie Gott sich das vorgestellt hat mit uns. Es gab danach eine Runde in der Julian Rede und Antwort stand auf die Fragen die den Jungs unter den Nägeln brannten und ließen dann zum Ende hin unserer Kreativität freien Lauf beim gemeinsamen basteln. Eine wirklich gesegnete Zeit für uns alle.

Wir stehen draußen und sammeln uns in den Autos. Vor uns liegt eine lange Fahrt in ein Romadorf in östlicher Richtung bei Chust, über 100km entfernt. Ein befreundeter Pastor von Slavik hat dort eine Gemeindearbeit begonnen und möchte die Menschen dort beschenken. Nach einer holprigen zweieinhalb Stunden Schlaglochfahrt finden wir uns in einem Dorf auf einem Bergrücken mit weit verstreuten Baracken aus allerlei Materialien wieder. Ein weites Land. Kleine Kinder rennen unseren Autos entgegen durch Bäche die, gespeist von der Schneeschmelze, sich ihren Weg ins Tal bahnen. Alles ist dreckig und matschig. Eine besondere Atmosphäre herrscht hier. Wie immer fangen wir an, mit den Kindern zu singen. Doch hier ist es anders als sonst: Die Kinder sind zuerst sehr skeptisch und beobachten uns aus sicherer Distanz. Doch schnell ist das Eis gebrochen und wir haben viel Spaß mit den Kindern. Das bestätigt den Bericht von Slawiks Freund, dass hier vor uns noch keiner Hilfsgüter gebracht hat.

Wir beginnen die Lebensmittelpakete zu verteilen und besuchen dabei jede Familie in ihrer Unterkunft. Vera, eine junge Ukrainerin, begleitet uns und übersetzt die Gespräche. Welch ein Segen. Wir lernen Familien kennen die alles tun um über die Runden zu kommen jedoch auf Grund ihrer Herkunft abgestempelt werden und es nur noch schwerer haben. Lernen Familien kennen in der alles Geld in Alkohol fließt und so manches im Argen liegt. Bei einer anderen Familie war der Vater vier Monate in Moskau, um Geld für ein neues Haus zu verdienen. Doch als er seinen Lohn beim Chef abholen wollte wurde er ohne Geld zurück in die Ukraine geschickt. Vier Monate harte Arbeit umsonst, und keine Chance, den Lohn zu bekommen. Wie groß war da die Enttäuschung als der Papa mit leeren Händen zurückkam! Leiden auf der einen, Selbstverschulden auf der anderen Seite. Vieles ist schwer einzuordnen. Umso mehr sind wir überrascht wie viele den Gottesdienst besuchen in dem angrenzenden Gemeindehaus. Viel Stoff zum Nachdenken gibt es auf der Fahrt zurück ins Jugendhaus. Wie beschenkt bin ich doch in meinem Heimatland und wie wenig schätze ich es doch so oft. Was mag der Sinn sein von all dem ganzen? Ich freu mich, dass wir einen wichtigen Teil beitragen konnten, die Gemeindearbeit unterstützten und Vertrauen schaffen konnten.

Einsatz in einem anderen Ort: Alles ist vom vielen Regen und Hochwasser aufgeweicht. Auf den Straßen 10-20cm tiefer Matsch. Keine Chance, mit dem Auto durchzukommen. Zu Fuß geht es. Jeder trägt jeweils einen 10kg Beutel mit Grundnahrungsmitteln. So kämpfen wir und durch den Matsch und Pfützen und jeder hofft, nicht hinzufallen. Mit unserer guten Ausrüstung eigentlich alles kein Problem, doch für die Leute hier Alltag. Bei jeder Familie, die wir besuchen, ist die Freude über die Lebensmittel sehr groß. Auch hier ist es wieder eine christliche Gemeinde, die die Hilfsaktion organisiert und so durchführt, dass alles gerecht zugeht und keiner vergessen wird.

Ja wir haben viel erlebt. Haben strahlenden Kinderaugen sehen dürfen, so manch widrige Lebenssituation und Umstände kennengelernt, trotz allem fröhliche und glückliche, aber auch arme und leidende Menschen kennen gelernt. Wir durften Gemeinsam mit den Jungs im Jugendhaus lachen und so manchen Quatsch machen. Ihnen Hoffnung und Zuversicht schenken. Haben gesehen wie wir uns selber in vielen Dingen herausfordern haben lassen und uns aus unsere Komfortzone getraut haben um uns dem eigenen selbst zu stellen. Ein jeder hat etwas im Herzen mitgenommen das ihm bleiben wird und ihn nie vergessen lässt was er auf diesem Einsatz erlebt hat.

Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung. Danke, dass wir durch Ihre Spenden Hilfe bringen können. Denn was aus Mitleid entsteht, ist nicht der abwendende Blick sondern aufrichtiges erbarmen für jeden, der es nötig hat.