Unterwegs in den Osten, da kann man was erleben! Die Reise durch Deutschland verlief recht unspektakulär, ich fuhr diesmal eine Variation über Würzburg und kam problemlos abends bei lieben Freunden in der Nähe von Dresden an, wo ich gut verköstigt wurde und eine ruhige Nacht hatte. Am nächsten Morgen gings weiter über Dresden und Bautzen nach Görtlitz, der Grenze zu Polen. Hier kann man einfach auf der Autobahn bleiben und ist Schwupps in Polen. Erster Stopp dann an einer großen BP-Tankstelle an der Landstraße: Die Via-Toll-Box aufladen. Mit ihr wird die Maut für die Straße kilometergenau beglichen. Außerdem deckte ich mich noch mit pfandfreien Wasserflaschen ein. Und schon fuhr weiter Richtung Wroclaw/Breslau auf sehr guter Autobahn. Nach Breslau verlasse ich immer die Autobahn um Geld zu sparen und fahre auf der alten Europastraße Richtung Osten. Nach Wielun übernachte ich an einer großen Tankstelle und mache noch einen Spaziergang durch die schöne Gegend.

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Am nächsten Morgen geht’s weiter, ich fahre dank tiefer Spurrinnen wie auf Schienen an Piotrkow Trybunalski vorbei über Radom und Lublin zur polnisch ukrainischen Grenze bei Hrebenne/Rava Ruskaja. Ich hatte eine gute Fahrt, doch an der Grenze ist recht viel los, mehr als bei den letzten Transporten. Ich kann ohne Probleme an der Schlange vorbeifahren und komme auch recht zügig auf den Zollhof, doch dann ist erstmal Schichtwechsel angesagt. Nach langen 70 Minuten ging es weiter und meine Papiere wurden bearbeitet. Wie jedes Mal eine Diskussion über die Lizenz, die ich als Hilfstransport aber nicht brauche. Bald konnte ich mich in die Schlange Richtung Ukraine einreihen, und kam dann pünktlich zum ukrainischen Schichtwechsel, der dort wegen der Zeitumstellung eine Stunde später ist, auf den dortigen Zollhof. Diesmal ohne eine strenge Kontrolle des Führerhauses.

Eine lange Stunde später gings dann weiter, zum Zoll, zur Ekologie, und leider auch zum Broker. Deklaration machen. Eigentlich nichts schlimmes, ein ausführliches Formular am PC für den Zoll ausfüllen und ausdrucken. Mach ich hier in Deutschland für den Zoll auch immer und brauche dafür 10-20 Minuten. Aber die liebe Dame war nicht die schnellste und so hatte ich das Papier erst drei Stunden später in der Hand. Der Zoll verlief dann reibungslos und so kam ich spät abends in die Ukraine. Gleich nach der Grenze übernachtete ich auf meinem bewährten Parkplatz.

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Am nächsten Morgen begann dann der Härtest für Mensch und Maschine: 243 Kilometer auf meist sehr schlechten Straßen lagen vor mir. Eine Tagesreise, wenn man den Lkw schonen möchte. Und das ist mir wichtig, denn jede Reparatur kostet Geld. Geld, das gespendet wurde – worüber wir sehr dankbar sind – und das wir anders viel besser einsetzen können.

So schaukelte ich von Schlagloch zu Schlagloch, begegnete immer wieder abenteuerlichen Militärfahrzeugen, hatte eine gemütliche Mittagspause in der Sonne und kam abends in Ternopil am Zollhof an. Im nahen Einkaufszentrum aß ich noch eine günstige Pizza und dann verbrachte ich die Nacht im Zollhof. Am nächsten Vormittag machten Natalja und Olga vom Krankenhaus die Zollpapiere fertig und am Nachmittag konnten wir unter der strengen Aufsicht des Zöllners den Lkw entladen. Doch es gab nichts zu beanstanden. Dafür war die Freude unsere Mitarbeiter des Krankenhauses, die den Lkw entluden, wieder sehr groß. Kleider, Schuhe, Matratzen, Lebensmittel, Verbandsmaterial, Rollstühle und vieles andere wanderte Paket für Paket vom Lkw in das Lager des Krankenhauses. Ein Teil wird für unser Krankenhaus verwendet, der andere größere Teil wird weitergegeben – an Flüchtlingen, andere Krankenhäuser, Waisenheime, Behindertenheime und andere soziale Einrichtungen.

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Vom Krankenhaus gibt’s gute Neuigkeiten: Nachdem wir nun seit fast zwei Jahren große Schwierigkeiten hatten, dass Krankenhaus legal zu betreiben, gibt es nun eine sehr gut Lösung. Nach der vergangenen Revolution wurde die Möglichkeit, ein Krankenhaus so wie unseres, zu betreiben, gestrichen. Und für uns begann die Zeit des Verhandelns und Suchens, wie wir das Krankenhaus weiterbetreiben können. Es ist doch so wichtig für die Menschen in den Dörfern! Wir sind unserem Partner, der Humanitäre Hilfe Bielefeld e.V., sehr dankbar für all die Zeit und Energie, die sie in die Lösung dieses Problems gesteckt haben. Nun ist unser Krankenhaus an das Kreiskrankenhaus in Terebovlya als Außenstelle angegliedert. Wir können es betreiben wie bisher, und wir haben zusätzlich viel einfacher die Möglichkeit, Leistungen des Kreiskrankenhauses in Anspruch zu nehmen, zum Beispiel Röntgen. So wurde das Problem für uns letztlich zum Segen.

Am späten Nachmittag machte ich mich schon wieder auf die lange Heimreise. Leer schaukelt der Lkw noch viel mehr und so kam ich nur noch bis Solotschiw, wo ich bei einbrechender Dunkelheit an einer größeren Tankstelle anhielt. Spät abends kam noch die Polizei vorbei, konnte aber kein Wort Englisch. Sie machten sich vermutlich Sorgen, dass mir Diesel geklaut werden könnte. Aber die Tanks waren eh fast leer. Doch weiterfahren bei Nacht auf diesen Straßen hat auch keinen Wert. Und so schlief ich nicht so gut, doch ohne Störung und am nächsten Morgen war noch alles am Lkw dran.

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Nun gings weiter, Lvov, Strii und über Mukachewo nach Ushgorod, wo ich abends bei unserem Jugendhaus ankam. Hier freute ich mich besonders auf eine Dusche und hatte dann noch eine gute Besprechung mit den Leitern des Jugendhauses.

Am nächsten Morgen startete ich schon kurz nach 6, damit ich in zwei Tagen heimkomme. Doch leider ist die Rechnung nicht aufgegangen, die Grenze war extrem zäh. Und zu allen Überfluss stand ganz am Ende, mein Lkw musste nur noch geröntgt werden, ein russischer Lkw vor mir, der nicht mehr anspringen wollte. Mitten in der Ausfahrt, kein anderer Lkw konnte den Zollhof verlassen. Doch die Ukrainer schauten sich die Probleme des Russen mit Händen in den Hosentaschen an. Kann man ja verstehen, dass sie die Russen gerade nicht mögen. Doch ich dachte mir, bevor ich hier noch in drei Stunden rumstehe werde ich mal aktiv: Mit den Zöllnern verhandeln, rückwärts aus dem engen Parkplatz rangieren, meinen Anhänger abhängen, russischen Lkw an Abschleppstange nehmen, anschleppen, doch er hatte keine Druckluft mehr zum Öffnen der Bremse, also Luft gespendet, sein Luftschlauch geplatzt, geflickt, angeschleppt, dann abhängen, Abschleppstange wieder aufräumen, meinen Anhänger wieder holen, röntgen und in die EU einreisen. Und so war es schon 14:00 Uhr, als ich endlich auf dem ersten schöneren ungarischen Parkplatz mein Mittagessen kochen konnte.

Und so wurde es nichts mit zwei Tagen Heimreise. Ich kam am Abend noch bis Göttlesbrunn in Österreich vor Wien, wo ich eine gute Nacht hatte. Am nächsten Tag quer durch Österreich, an der Grenze nach Deutschland etwas Stau, und mir reichte die Fahrzeit nur bis Augsburg, wo ich auf dem Rasthof mit ach und krach noch einen Parkplatz für den Lkw auf den PKW-Parkplätzen fand. Am nächsten Tag kam ich dann gesund und munter wieder daheim an.

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