Nudeln für Moldawien

Bei strahlendem Sonnenschein machte ich mich auf die lange Fahrt nach Moldawien. Doch schon bald wurde die Stimmung getrübt: Dichter Nebel auf der Alb und Autobahnvollsperrung. So zuckelte ich gemeinsam mit 1000den anderen Autos auf schmalen Landstraßen gen Osten. Bald konnte ich wieder auf die Autobahn, doch der Nebel blieb mir bis Ungarn treu. Ohne Probleme dann quer durch Österreich und Ungarn. Auf guten Autobahnen komme ich tapfer vorwärts. Ich bin froh, dass wir einen großen Teil der teuren Maut erstattet bekommen. Spät abends dann die rumänische Grenze. Zum Glück ist der Ansturm überschaubar und nach einer Stunde Wartezeit darf ich meinen Fahrzeugschein und Personalausweis zeigen. Alles gut und so fahre ich noch an Arad vorbei und übernachte beim „Mega-turk-park“. Gut geschlafen, morgens die Toiletten besichtigt und beschlossen, erst an der nächsten Tankstelle die Morgentoilette zu machen…

Alles Klar!?

Alles Klar!?

Nun folgte die lange Etappe durch Rumänien. Ein Lkw, der im Graben liegt, bestätigt meine Einstellung, nachts hier nicht zu fahren. Zum Teil fahre ich auf nagelneuen Autobahnen, doch zum weitaus größeren Teil Landstraßen mit vielen Dörfern. 833 lange Kilometer. Die Straße teile ich mir mit Pferdewagen, Brennholzsägen, Kuh- und Schafherden und vielen Menschen: betrunkene Leute, Männer mit Werkzeug, die von der Arbeit vom Feld heimlaufen, spielende Kinder, Frauen, die Wasser am Brunnen holen usw. Ständig ist höchste Konzentration gefragt. Besonders nervig sind die Kleinbusse, die das öffentliche Nahverkehrsystem bilden. Sie überholen mich immer wieder halsbrecherisch, um dann kurz vor mir wieder anzuhalten, weil ein Passagier zusteigen möchte….

Eine fahbrare Brennholzsäge

Eine fahbrare Brennholzsäge

Am späten Mittwochvormittag komme ich dann an die moldawische Grenze. Ich bin gespannt, denn ein guter Freund von mir, Lkw-Fahrer, hat die gleiche Grenze vor zwei Tagen überquert und brauchte 24 Stunden. Doch es ist gut! An der Waage bin ich der einzige Lkw. Da das Gewicht in Ordnung ist, messen sie die Länge vom Lkw und hoffen, so etwas in die Kasse zu bekommen. Doch auch das ist ok und so kann ich froh weiter vor zur Pass- und Zollkontrolle. Auch hier nur ein Lkw vor mir, und erstaunlich schnell werde ich problemlos abgefertigt und kann über den Pruth auf die moldawische Seite. Hier ist deutlich mehr los. Alles nimmt seinen gewohnten, gemütlichen Gang und nach 2,5 Stunden darf ich nach Moldawien einreisen.

Auf der Strecke nach Chisinau ist wenig los, die Straße ist verhältnismäßig gut. Anscheinend die Beste von ganz Moldawien. Trotzdem fahre ich nicht schneller als 70, denn der Westen hat Moldawien ein hochmodernes ziviles Polizeifahrzeug gesponsert: Es misst während der Fahrt die Geschwindigkeit der anderen Fahrzeuge. Da an der Grenze alles so gut geklappt hat habe ich noch etwas Zeit und treffe mich mit meinem Freund, dem Lkw-Fahrer. Er wartet noch auf den Rest seiner Ladung. Doch bis zum Abend soll sein Lkw voll sein und er will sich dann direkt auf die Heimreise begeben.

Schwertransport in Moldawien

Schwertransport in Moldawien

Ich übernachte im Zollterminal in Chişinău, am nächsten Morgen kommt Andrei und fängt an, die Papiere zu machen. Ich mache mich auf die Suche nach einem passablen WC. (Das offizielle für die Fahrer ist draußen nur ein Loch im Boden) und finde tatsächlich eins! Meine Stimmung ist schon recht gut. Gemütlich frühstücke ich dann im Lkw, als die Leute vom Zoll kommen und die Ladung kontrollieren möchten. Das geht schnell und Problemlos: Plombe wegmachen, Container öffnen, ein, zwei Kisten anschauen, fertig! Meine Stimmung steigt weiter! Und das unglaubliche passiert: Zwei Stunden, nachdem ich die Papiere abgegeben hatte, ist alles fertig und wir können zum Abladen fahren!

Während ein paar Helfer den Lkw abladen, zeigt Andrei mir Chişinău. Eine typische Stadt aus kommunistischer Zeit. Breite Straßen, jede Menge Wohnblocks, Parlament, Theater, Rathaus, Zirkus. Alles ähnlich zu anderen Städten in der Ukraine oder Weißrussland. Doch es gibt auch etwas Besonderes: Am Nachmittag besuchen wir Cricova. Hier ist in einem unterirdischen Stollensystem eines der größten Weinlager der Welt. Ursprünglich wurde hier von deutschen Kriegsgefangenen Kalkstein abgebaut. Nun lagern in dem 120km langen Stollensystem über 1 Million Weinflaschen… Unter anderem ein Teil von Hermann Görings Weinkeller, den die rote Armee erbeutete, aber auch ein paar dutzend Weinflaschen als Geschenk für Angela Merkel.

und hier im Hilfsgüterlager ein Teil unserer Nudeln, für die Ärmsten.

und hier im Hilfsgüterlager ein Teil unserer Nudeln, für die Ärmsten.

Zurück am Lkw ist dieser schon fertig ausgeladen. Die Freude über die Hilfsgüter ist wieder groß. Diesmal hatte ich unter anderem 10 Tonnen Nudeln dabei! Damit können die Suppenküchen für die Straßenkinder, die Kinderheime und Altenheime wieder lange versorgt werden.

Noch am gleichen Abend mache ich mich auf die Rückreise. Eigentlich hatte ich geplant, direkt vor der Grenze im Stau zu übernachten. Doch es ist kein Stau da und ich fahre in die Grenze, was ich sofort bereue. Total überfüllt, totales Chaos. Jeder ist sich selbst der nächste. Da die Moldawier ständig das System verändern, weiß ich nicht, wohin ich muss. Jeder schickt mich woanders hin, doch nach ein paar Stunden habe ich es auch geschafft und komme gegen 23 Uhr an die rumänische Passkontrolle. Ich unterhalte mich nett mit den Polizisten, als plötzlich der berühmte Satz „Sie haben ein Problem“ kommt und sich das Fenster schließt.

Im Laufe der Diskussion mit dem Polizisten bekomme ich von meinem Freund eine SMS: „Stehe beim ro zoll zum rausfahren 2 lkw vor mir leerspur voll hast du schon ro netz?“ Noch ist mir die Tragweite diese SMS nicht klar. Die Diskussion geht weiter, ob ich jetzt die Strafe vor drei Jahren gezahlt habe oder nicht. Ich erklärte noch mal alles. Dass ich ja damals erst weiter durfte, nachdem ich die Strafe bezahlt hatte usw. Immer wieder fragt er mich, ob ich alleine im Lkw sei. Da kam mir ein Geistesblitz, oder eher eine Eingebung und ich frage, warum er denn immer wieder nach einem Beifahrer fragt. Da erklärt er mir: Als Passagier darf ich einreisen, als Fahrer nicht. Und jetzt kommt wieder die SMS ins Spiel: Mein Freund ist ungefähr 600 Meter vor mir und verlässt gleich die Grenze. Ich erkläre dem Polizist, dass ich schon einen Fahrer herbestellen könne. Er ist sichtlich erleichtert und freut sich auch, so eine einfache Lösung zu haben. Doch der Schichtwechsel kommt dazwischen. Ich muss eine Stunde warten, mein Freund ist informiert und kommt dann zurück gelaufen, wenn es so weit ist. Endlich kommt der neue Polizist und begrüßt mich: Ah, hallo, wir kennen uns doch! Du bist doch der Deutsche mit Ajutoare! Er hatte mich bei der Einreise kontrolliert… Als nächstes bietet er mir ein Stück Pizza von seinem Vesper an. Mein Freund kommt, der Lkw wird auf seinen Pass ins System eingetragen und er muss meinen Lkw die paar Meter von der Passkontrolle wegfahren. Es kommt noch die Waage und Zollkontrolle. Doch hier ist alles voll und so beschließe ich, im Zollhof zu übernachten. Ich gehe mit meinem Freunde noch einen Kaffee trinken und falle dann müde um halb zwei ins Bett, er läuft zu seinem Lkw und fährt in die Nacht davon. Und das spannende: Er war schon früh morgens an der Grenze und hätte eigentlich am Nachmittag schon weiterfahren können. Doch er hat einen Bekannten aus Österreich getroffen und da gab es viel zu erzählen. Und so war er eben 7 Stunden später immer noch da. Ein Wunder? Für mich schon!

Früh morgens um 5:30 Uhr wache ich auf und schaue zum Vorhang raus: Kein Lkw am Zoll! Also raus aus dem Bett, Motor an, anziehen, einmal um den Lkw laufen ob alles dran und ok ist und 15 Minuten später war ich in Rumänien! Ich fuhr direkt weiter und kam am Nachmittag in Risnov an. Hier wohnen Freunde von mir, die Sailers und Krauters. Da der Lkw eh für 24 Stunden stehen muss kann ich hier einen schönen Freitag genießen. Heiße Dusche, sauberes WC, nette Freunde, schöne Natur. Erholt mache ich mich am nächsten Tag mittags auf die Weiterfahrt.

Spannende Brücke bei Tecuci: Oben die Eisenbahn, unten die Strasse

Spannende Brücke bei Tecuci: Oben die Eisenbahn, unten die Strasse

Abends treffe ich noch Bernd Roller von der Boaz Farm. Er gibt mir einige Kartons mit Pesto und getrockneten Tomaten aus seiner Herstellung mit, die bei uns auf Weihnachtsmärkten verkauft werden.

Ab jetzt geht’s nur noch gen Westen. Am nächsten Tag reise ich problemlos nach Ungarn ein. Über Budapest, Wien, Linz und Salzburg komme ich wieder nach Deutschland. Ich bin froh und dankbar, als ich wieder wohlbehalten bei meinen Lieben zu Hause ankomme.

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