DHHN Hilfseinsatz in der Ukraine: Eine Gruppe aus 15 Personen zwischen 3 und 65 Jahren, 3500 km, 20 000kg Hilfsgüter, 9 Tage, Temperaturen zwischen -17 und +5 Grad, das ist der Stoff, aus dem dieser Einsatz bestand.

Am 1. Januar machte sich der Lkw auf die Fahrt in den Osten, am 2. Januar folgte dir Gruppe mit einem Kleinbus und einem Pkw. Abends trafen wir uns wohlbehalten vor der ukrainischen Grenze, die wir dann im Anschluss getrennt überquerten. Eine Spur für Pkw, eine Spur für Kleinbusse und der Lkw wird sowieso ganz anders abgefertigt. Aber alles klappte gut, so dass die Gruppe gegen 20:00 das Jugendhaus erreichte, um 24:00 Uhr war die Lkw-Besatzung dann auch am Ziel.

Am nächsten Morgen durften wir erstmal ausschlafen und nutzten den Vormittag dann, um uns als Gruppe besser kennenzulernen und die Einsätze vorzubereiten. Ein Besuch auf dem berühmten Bazar in eisiger Kälte folgte und nach dem leckeren Essen hatten wir einen ersten gemeinsamen Abend mit den Jungs vom Jugendhaus. Gemeinsam Singen, lustige Spiele, eine Andacht darüber, dass jeder Besonders ist und mit seinen Gaben von Gott geliebt ist. Im Anschluss bastelten wir mit den Jungs ein Holzkreuz, sie waren mit Feuereifer dabei.

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Am Montag war Slawik dann fast den ganzen Tag im Zollamt, um alle Dokumente, Genehmigungen und Stempel vorzubereiten, damit wir den Lkw ausladen dürfen. Wir kauften in einem Supermarkt Früchte, Kekse und Saft für den Einsatz in einem Behindertenheim ein und studierten ein Anspiel ein. Abends kam Slawik endlich mit der erlösenden Botschaft vom Zoll zurück, dass alle Papiere fertig sind. Also holte ich den Lkw vom Zoll und im Anschluss luden wir ihn alle zusammen ab. Alle waren mit Feuereifer dabei: Geschenkpakete, Kleidung und Schuhe, Lebensmittel und Babynahrung, Fahrräder, Matratzen und Waschmittel: Alles wanderte vom Lkw in die große Lagerhalle auf dem Gelände vom Jugendhaus.

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Am nächsten Morgen gings direkt nach dem Frühstück los: Den DHHN-Bus und Slawiks Bus bei minus 15 Grad mit Hilfsgütern und den eingekauften Früchten beladen und dann 150 Kilometer auf verschneiten ukrainischen Straßen um Schlaglöcher herum nach Vilchany rumpeln. Der Schnee machte die Landschaft schöner, man sah den ganzen Müll nicht. So gab es ein paar Eindrücke vom Land. Am frühen Nachmittag kamen wir endlich im Behindertenheim an: Es war weit hinten in einem tief eingeschnittenen Tal in den Karpaten. In kommunistischer Zeit wurden solche Heime möglichst „versteckt“. In diesem Heim waren auf über 10 Stationen Kinder zwischen ca. 3 und 40 Jahren, alle körperlich, zum großen Teil auch geistig behindert. Station für Station besuchten wir die Kinder, sangen mit ihnen ein Lied, fütterten sie mit den mitgebrachten Früchten, Keksen und Saft und verbrachten etwas Zeit mit jedem Kind. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sich die Kinder gefreut haben, auf den Arm genommen zu werden, an der Backe gestreichelt oder gekitzelt zu werden. Insgesamt hatten wir einen für ukrainische Verhältnisse sehr guten Eindruck vom Heim, alles war sauber und die Mitarbeiter gaben sich sehr viel Mühe mit den Kindern. Es sind jedoch viel zu wenig, und so haben sie alle Hände voll zu tun mit Füttern, Wickeln nach Ordnung schauen usw. Zeit für einzelne Kinder bleibt da nicht viel. Und so waren die Kinder, aber auch der Direktor und die Mitarbeiter sehr froh über unseren Besuch und luden uns gleich wieder ein. Spät abends kamen wir wieder im Jugendhaus an.

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Am nächsten Morgen hatten wir zusammen mit den Jungs vom Jugendhaus eine lustige Packaktion: 180 Lebensmittelpakete mussten für die Einsätze in den nächsten Tagen gepackt werden. Danach hieß es wieder Bussle beladen, diesmal mit Geschenkpakten und Lebensmittelpaketen. Wir fuhren in eine andere Stadt. Dort trafen wir uns in einem großen Saal mit armen Familien mit vielen Kindern, der Bürgermeister hatte sie eingeladen. Nachdem wir ein paar Lieder mit den Kindern gesungen hatten, trat noch eine kleine Gruppe Schüler auf und sang für uns Weihnachtslieder und trug Gedichte vor. Im Anschluss zeigten wir in unserem Anspiel „Kapling“. Es zeigte den Kindern, dass jeder wichtig ist und gebraucht wird. Im Anschluss gab es für jedes Kind ein Geschenkpaket – da leuchteten die Augen – und für die Eltern ein Lebensmittelpaket.

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Auf der Heimreise besuchten wir noch eine Flüchtlingsfamilie aus Lugansk in der Ostukraine. Vor knapp zwei Jahren mussten sie fliehen, weil sie als Christen eine andere Meinung hatten. Sie bekamen eines Abends einen Anruf, dass sie, sofern sie am nächsten Tag noch da wären, erschossen würden. Hals über Kopf packten sie die wichtigsten Sachen und flohen. So kamen sie über Umwege in die Nähe von Mukachewo, wo sie von der Stadt ein Haus im Rohbau geschenkt bekamen. Darin wohnen sie jetzt unter einfachsten Umständen und bauen es Schritt für Schritt aus.

Im Jugendhaus hatten wir noch ein schönes Abendprogramm mit den Jungs, bevor dann jeder todmüde in sein Bett fiel.

Am nächsten Tag war die Verteilaktion in einem Bergdorf geplant. Mit voll beladenen Bussen machten wir uns auf den Weg. Auf schmalen, schlechten und verschneiten Feldwegen fuhren wir ein enges Bergtal hoch. Am Ende kamen wir nur noch mit Schneeketten weiter. Zumindest unser Bus, der die meisten Hilfsgüter geladen hatte, schaffte es bis zu Dorfmitte. Die Hilfsgüter aus dem anderen Bus mussten wir voll hochtragen. In dem Dorf lebten fast nur alte Menschen, die jungen sind alle in den Städten, wo es etwas Arbeit gibt. Der Bürgermeister hatte die Menschen zusammengerufen uns so bekam jeder nach einer kurzen Ansprache sein Paket. Zum Teil mussten wir den alten und gebrechlichen Menschen die Pakete bis in ihr Haus tragen.

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Danach nahm jeder von uns ein Paket und wir machten uns zu Fuß auf ins obere Dorf, ca. 2km den Berg hoch. Hier war die Not groß. Einfache Häuser, abgeschnitten von der Außenwelt.

Slawik kannte eine Frau schon. Als er bei ihr an die Tür klopfte, hörte er keine Antwort. Jeder andere wäre wohl weitergegangen. Doch Slawik öffnete die Tür. Im eiskalten Zimmer fanden wir die Frau in ihrem Bett. Sie konnte fast nicht reden, war völlig ausgetrocknet. Slawik verstand nur, dass sie Wasser wollte. Ihr Vorrat in einem kleinen Eimer war im Zimmer eingefroren, sie konnte lediglich ein paar Eisbrocken lutschen. Sofort gingen ein paar von uns los um bei den Nachbarn aus dem Brunnen Wasser zu holen. Andere machten Holz und feuerten den löchrigen Ofen ein. Zuerst gab Slawik ihr etwas kaltes Wasser, kurze Zeit später hatten wir es geschafft, auf dem Ofen Wasser warm zu machen. Und wären sie Schluck für Schluck das warme Wasser trank, und Slawik sie mit Brot und Baby-Obstbrei fütterten, kamen ihre Kräfte zurück. Sie bemerkte, dass wir im Ofen ein Feuer machten und sofort fragte sie Slawik, dass wir den Ofen nicht kaputt machen. Eine durchaus berechtigte Bitte, denn der Ofen wurde nur vom Rost zusammengehalten.

Die Umstände, in denen die Frau lebte, sind für uns nicht vorstellbar. Alles ist schwarz vom Rauch, die Fenster sind mit Folie ausgebessert und gegen den Wind abgedichtet, sie hat nur zwei Betten, einen Tisch und ein Regal. Ihre Tasse ist halb zerbrochen, alles ist dreckig und eiskalt. Unser Versuch, die Löcher im Ofen mit etwas Blech, was wir fanden, zu dichten, brachte geringen Erfolg.

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Wir bestellten die Nachbarn her, reparierten das Licht. Dann beauftragten wir die Nachbarn, dass sie jeden Tag mindestens einmal kommen, einheizen, Wasser und Essen bringen. Dafür bekommen sie von uns 20€ pro Monat. Schon nächste Woche will sich Slawik wieder den beschwerlichen Weg dorthin machen und kotrollieren, ob es klappt und weitere Lebensmittel, Kleider und eine Decke bringen. Eigentlich sollte die Frau in ein Altenheim, doch das will sie auf gar keinen Fall, und bezahlen könnte sie es auch nicht. Was soll man da machen?

Wir haben noch eine Menge Brennholz gemacht, Lebensmittel zurückgelassen und hoffen und beten, dass die Nachbarn jetzt nach der alten Frau schauen.

Auf der Fahrt zurück waren wir alle recht nachdenklich, es ist schon heftig, solch eine Not zu sehen.

Abends hatten wir noch einen tollen Abend mit den Jungs, beim Obstsalat spielen tauten sie dann vollends auf.

Und dann kam schon der letzte Tag: Wieder beluden wir die Autos mit Lebensmittelpaketen. Diesmal besuchten wir zwei Zigeunerquartiere, wir würden eher Slums dazu sagen.

Das erste war etwas besser. Dort war auch ein Pastor, der jede Familie gut kannte. Mit diesem Pastor gingen wir von Haus zu Haus und übergaben jeder Familie persönlich ihr Paket. Die Freude war groß. Während ein Teil der Gruppe die Pakete verteilte, beschäftigten sich die anderen mit den Kindern. Ein schöner Einsatz, wir lachten viel mit den Kindern.

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Nachmittags fuhren wir dann zu einem anderen Quartier, direkt an der Bahnlinie. Hier wollten uns die Menschen mit ein paar Tänzen begrüßen. Doch leider funktionierte deren Musikanlage nicht und so beschlossen wir nach langen Warten mit dem Verteilen anzufangen. Wieder gingen wir von Haus zu Haus und gaben jeder Familie persönlich ihr Lebensmittelpaket. Auf der einen Seite war die Freude groß, doch gegen Ende ging den Wartenden die Geduld aus. Es war kalt, und wegen der missglückten Tanz-Beiträge mussten sie schon lange warten. Und nun dachten sie, dass die Pakete nicht für alle reichen. Doch jeder bekam sein Paket und wir konnten auch diese Aktion zu einem guten Abschluss bringen.

Abends im Jugendhaus gings dann schon ans Verabschieden. Emailadressen wurden getauscht, Fotos geschossen. Und am nächsten Morgen um 4:30 machte sich die Gruppe auf den langen Heimweg. An der Grenze mussten sie vier! Stunden warten, kamen dann nach Mitternacht wieder wohlbehalten daheim an. Ich selber hatte noch ein gutes Gespräch mit den Leitern des Jugendhauses, Nico und ich machten uns dann mit den Lkw am Mittag auf die Heimreise und kamen am Dienstagnachmittag wieder wohlbehalten zu Hause an.

Wieder ein Einsatz, an dem wir ganz praktisch erleben durften, wie ihre Hilfe bei den Bedürftigen ankommt. Danke für Ihre Unterstützung, die die Hilfe erst möglich macht!

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