Der herausforderndste Transport des Jahres.

Bei schlechtem Wetter bin ich donnerstagmorgens auf die lange Fahrt nach Moldawien gestartet. Ohne Probleme gings quer durch Deutschland nach Österreich, wo ich übernachtete. Am nächsten Tag dann weiter, abends um 18:00 Uhr war ich an der Grenze von Ungarn nach Rumänien und stand dort im Stau. Langsam gings vorwärts, irgendwann war ich dran. Passkontrolle, dann kam der Beamte nochmal und statt mir den Pass wieder zu geben verlangte er alle Papiere und sagte mir, dass ich den Lkw parken und warten solle. Nach knapp zwei Stunden kam er wieder und erklärte mir, dass ich nicht einreisen darf. Ich war ja zum Glück darauf gefasst, und so begann ich zu verhandeln. (Ich hatte von vor vier Jahren eine große Strafe wegen Überladung in Rumänien offen, die ich noch nicht zahlen konnte) Ob er es nicht so machen könne wie bei den vergangenen Grenzübertritten, einfach jemanden anderes für meinen Lkw in den Computer schreiben. Aber das wollte er nicht verstehen, bzw. er war überhaupt nicht kooperativ und wollte mich nur zurückschicken. Ich sagte ihm dann, dass ich die Strafe hier und jetzt in bar bezahlen kann, aber das ging nach seinen Worten auch nicht. So verlangte ich den Chef. Dieser kam nach langem Warten und war umgänglicher. Gemeinsam gingen wir zum Meister des Gewichts an die Waage. Aber auch hier fanden wir keine Lösung, bzw. eine Lösung, die nicht funktioniert: Ich darf nicht nach Rumänien einreisen, weil ich eine Strafe bezahlen muss. Man kann die Strafe aber nur in Rumänien bezahlen und man kann sie auch nicht überweisen. Obwohl ich das Geld bar dabei hatte fanden die lieben Beamte keine Möglichkeit, wie sie ihrem Staat meine Finanzspritze zukommen lassen konnten. So war es dann kurz vor 12 in der Nacht so weit, dass ich das erste Mal in meinem Leben an der rumänischen Grenze umdrehen musste. Ein komisches Gefühl, aber aufgeben gibt’s nicht!

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Ich übernachtete beim Stop vendeglö und machte mich am nächsten Morgen auf die Fahrt auf schmalen Straßen in den Süden und wollte es am zweiten von vier Grenzübergängen probieren. Am späten Vormittag kam ich an, hier war recht wenig los und ich kam bald dran. Und was passiert? Nach der Passkontrolle schickt er mich zum Parken, verlangt alle Papiere und erklärt mir, dass ich zurück muss. Ich erkläre ihm, dass ich Bescheid weiß und die Strafe jetzt und hier bezahlen kann. Das Problem ist, dass Samstag war. Ich verlangte wieder den Chef, und das ist ein recht netter Mann. Ich durfte dann mit dem Lkw vor fahren und am Hauptgrenzgebäude parken. Dann telefonierte der gute Mann erstmal eine knappe Stunde, um rauszufinden, wie man meinen Fall lösen kann. In der Zeit konnte ich in aller Ruhe die alte Abfertigungshalle betrachten, alles noch original aus kommunistischen Zeiten, nur die Wappen waren abgehängt. Ich warf auch einen Blick in die Zelle und hoffte, dass ich die nicht probieren muss. 😉

Endlich hatte der Chef einen Plan: Wir fuhren mit seinem Auto, es hatte keinen Nummernschilder, ins nächste Dorf. Dort konnte ich mein Geld für die Strafe in rumänische Lei wechseln. Dann brachte er mich zurück an die Grenze, wo ich warten sollte. Er selbst fuhr wieder in die nächste Stadt und holte dort den Bürgermeister ab. Denn bei diesem kann man die Strafe bezahlen und bekommt die richtige Quittung. Als er wieder da war führte er uns in den Schulungsraum und dort durfte ich meinen Stapel Lei loswerden. Der Bürgermeister zählte lang, und es fehlten 100 Lei. Ich ließ ihn nochmals zählen, da passte es dann zum Glück. Ich bekam meine Quittung und durfte im Sonnenschein nach Rumänien einreisen.

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Mir wars ganz leicht um Herz, denn bisher hatte ich immer große Sorgen in Rumänien und vor jeder Polizeikontrolle Angst. Aber nun passt alles. Auch wenn ich es natürlich sehr schade finde, dass ich so viel Geld bezahlen musste. Jetzt hatte es vier Jahre geklappt, und nun musste ich doch bezahlen. Aber man konnte auch juristisch nicht dagegen angehen. Hoffentlich reparieren sie von dem Geld ein paar Schlaglöcher.

Kurz nach Arad fing es an zu regnen, und hörte nicht mehr auf. Ich reiste quer durch Rumänien, Deva, Sibiu und Braşov. Hier traf ich mich mit Stefan und Michaela in der Stadt zu einem leckeren Mittagessen, vielen Dank nachmals! Weiter gings und nach einer Übernachtung erreichte ich am nächsten Nachmittag, immer noch im Regen, die rumänisch-moldawische Grenze. Hier war sehr wenig los, es gab keine Probleme und so konnte ich nach drei Stunden schon nach Moldawien einreisen.

Die letzte Etappe im Regen verlief gut, und so kam ich am späten Nachmittag am Ziel, Chişinău, an. Hier wollte ich direkt zum Zollhof fahren. Leider war die mir bekannte Straße plötzlich für Lkw gesperrt, und so folgte ich der Umleitung. Dies endete darin, dass ich einen Kilometer rückwärts fahren musste, da es eine Sackgasse war. So fuhr ich dann doch in die verbotene Straße um kam am Zollhof an. Hier herrschte das totale Chaos. Der Zollhof war übervoll. Vor dem Zollhof auf der Straße standen die Lkw kreuz und quer. Ich stellte mich hinter dem Lkw-Chaos an den Straßenrand, wie man sich eben ordentlich anstellt. Dort hatte es jede Menge Platz. Und ganz langsam ging es vorwärts. Doch plötzlich kamen drei russische Fahrer an mein Führerhaus und regten sich fürchterlich auf. Ich verstand überhaupt nicht, was sie denn wollten. Denn ich war ja der letzte in dieser chaotischen Schlange, hinter mir war jede Menge Platz aber kein anderer Lkw. Sie schrien auf mich ein, ich gab zu verstehen, dass ich eben nichts verstehe. Wutentbrannt marschierten sie von dannen und fünf Minuten später kamen sie mit ihren Lkw wieder, aus einer Seitenstraße weit hinten und fuhren neben mich hin. Und ich dachte immer, Russen lernen schon mit der Muttermilch, wie man sich anstellt.

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Egal, abends um acht war ich dann auch im Zollhof und bekam sogar einen Platz an der Rampe, wie gewünscht. Am nächsten Morgen kam dann Andrei und machte die ganzen Papiere, und schon am Mittag war alles fertig! Wir konnten ohne große Kontrolle zum Lager fahren.

Ich wurde zu einem guten Mittagessen eingeladen. Hier erzählte mir der Leiter eines Heims schlimme Geschichten von der großen Not in Moldawien: So gab es eine junge Familie mit 8 Kindern. Sie lebten in einem armseligen Haus. Nachts musste immer ein Elternteil wach bleiben und Wache schieben. Der Grund waren die hungrigen Ratten, die die Kinder anfressen wollten. Das kann man sich nicht vorstellen! Er konnte für diese Familie eine andere Wohngelegenheit organisieren. Wie gut dass wir Hilfe bringen können! Danke, dass Sie uns unterstützen, damit wir wiederum Menschen in solcher Not Hilfe bringen können. Nach dem guten Mittagessen gings ans abladen.

Die Hilfsgüter werden hier zentral in Chişinău eingelagert und dann im ganzen Land verteilt – an Kinder- und Waisenheime, Suppenküchen, Alten- und Behindertenheime und viele andere soziale Einrichtungen. Das ist ein echt gutes System.

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Ich machte mich am späten Nachmittag schon wieder auf die Rückreise, doch nicht nach Westen, sondern in den Norden. Denn ich hatte noch zwei wichtige Pakete fürs Jugendhaus in der Ukraine dabei. So fuhr ich über die leeren verhältnismäßig guten Straßen in Moldawien. Ein armes Land. Wenig Farbe, wenig Städte und Dörfer, kaum Tankstellen und Läden. Ich fand trotzdem eine Tankstelle, wo ich übernachten konnte. Die hatte sogar ein frisch renoviertes WC!

Am nächsten Tag dann die kleine Grenze in die Ukraine. Richtig gemütlich, kaum was los. Alles nahm seinen geregelten Gang. Ich war fast fertig da fings auf einmal an zu klingeln – und hörte nicht mehr auf. Grenzalarm! Kurz drauf marschierten 15 Mann vom SBU (früher KGB) in die Grenze. Die Zöllner und Zöllnerin wurden je nach Veranlagung bleich oder rot im Gesicht. Sie stellten sich alle vor ihre Schalter auf die Straße, und die Männer vom SBU durchsuchten alles. Nach einer Stunde war alles vorbei, die SBU-Leute gingen wieder und der gewohnte Gang ging weiter.

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In der Ukraine erwarteten mich sehr schlechte Straßen, es war arg anstrengend zu fahren. So übernachtete ich an einer WOK-Tankstelle bei Kolomea. Am nächsten Tag gings weiter, erst am späten Nachmittag erreichte ich müde das Jugendhaus. Die Freude über meinen kurzen Besuch war groß! Am nächsten Vormittag konnten wir noch ein paar wichtige Dinge besprechen, dann fuhr ich weiter Richtung EU. Die Grenze nach Ungarn klappte diesmal recht gut. Obwohl es Freitag war sehr wenig los und ich kam zügig rüber. So gings quer durch Ungarn und Österreich gen Westen. Am Montag morgen konnten ich noch zig Paletten Lebensmittel abholen und kam dann am Nachmittag wohlbehalten wieder daheim an.

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